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Das schmut­zi­ge Le­der­ge­schäft und sei­ne Alternativen

Le­der­pro­duk­te sind prak­tisch über­all zu fin­den. Ob als Schu­he, Ta­schen oder im In­ne­ren von Zü­gen und Au­tos, Le­der ist ein häu­fig ver­wen­dets Ma­te­ri­al. Der Weg von der ro­hen Tier­haut bis zum fer­ti­gen Le­der hat je­doch ne­ga­ti­ve Aus­wir­kun­gen auf die Um­welt. Wel­che Aus­wir­kun­gen die­se In­dus­trie hat und wel­che Al­ter­na­ti­ven es gibt, er­fährst du in die­sem Beitrag. 

Im letz­ten Blog zum The­ma Le­der konn­test du be­reits mehr über die Her­stel­lung von Le­der und das Tier­wohl der Nutz­tie­re er­fah­ren. Heu­te möch­ten wir dir die Aus­wir­kun­gen der Le­der Her­stel­lung auf die Um­welt, die Kenn­zeich­nung von Le­der so­wie Al­ter­na­ti­ven auf­zei­gen. Die Her­stel­lung von Le­der be­nö­tigt zwi­schen 40–50 Ar­beits­schrit­te, um ei­ne ro­he Tier­haut in Le­der um­zu­wan­deln. Wel­che Kon­se­quen­zen dies auf die Um­welt hat und was wir da­ge­gen tun kön­nen, er­fährst du jetzt.

Ein schmut­zi­ges Ge­schäft für die Umwelt

Hät­test du ge­dacht, dass Le­der zu ei­ner der schmut­zigs­ten In­dus­trien der Welt ge­hört? Jähr­lich ver­ar­bei­ten Le­der­ger­be­rei­en welt­weit 16 bis 17 Mil­lio­nen Ton­nen Häu­te und Fel­le und er­zeu­gen 600 Mil­lio­nen m3 Ab­was­ser. Mehr als die Hälf­te der ge­sam­ten Le­der­her­stel­lung fin­det in der asia­ti­schen Re­gi­on statt. In Asi­en al­lein wer­den 8–10 Mil­lio­nen Ton­nen Häu­te und Fel­le ver­ar­bei­tet. Die Ger­be­rei­en in den asia­ti­schen Län­dern wie In­di­en, Chi­na, Viet­nam usw. ver­brau­chen jähr­lich mehr als 350 Mil­lio­nen m3 Wasser.

Nicht nur der Was­ser­ver­brauch ist bei der Le­der Her­stel­lung im­mens. Es ent­steht auch un­glaub­lich viel Ab­fall. Für die Ver­ar­bei­tung des fer­ti­gen Le­ders, muss die Form der Tier­haut an­ge­passt wer­den. Da Le­der zu Be­ginn die Form des Tie­res hat und Un­eben­hei­ten oder Nar­ben vor­lie­gen kön­nen, muss das Le­der zu­recht­ge­schnit­ten wer­den. Durch die­sen Pro­zess lan­den et­wa 30% des Le­ders im Ab­fall oder wer­den zu Tier­fut­ter ver­ar­bei­tet. Aus­ser­dem ge­lan­gen durch die che­mi­schen Wa­schun­gen (Ger­bung) Blut, Dung, Fleisch­res­te, Che­mi­ka­li­en usw. ins Ab­was­ser. Lei­der gibt es kaum Um­welt­stan­dards und das Ab­was­ser lan­det oft­mals un­ge­klärt in Flüs­sen und Trinkwasserversorgungen. 

Mil­lio­nen von Men­schen le­ben we­gen die­sem to­xi­schen Ab­was­ser in ver­seuch­ten Ge­bie­ten. Aus­ser­dem ste­hen die Arbeiter:innen in den Bil­lig­pro­duk­ti­ons­län­dern oh­ne Schutz­klei­dung knie­tief in che­mi­schen Gerb­was­ser und Farb­töp­fen. Dies ge­fähr­det ih­re Ge­sund­heit er­heb­lich. Chrom, wel­chem die Arbeiter:innen ex­po­niert sind, kann durch Ein­at­men, Ver­schlu­cken oder di­rek­ten Haut­kon­takt zu di­ver­sen Krank­hei­ten füh­ren. Bei­spie­le wä­ren Ge­schwü­re, Rei­zun­gen der Schleim­häu­te von Ra­chen und Na­se so­wie ei­ne Zu­nah­me von Lun­gen- und Nasenkrebs.

Le­der Kennzeichnung 

Wie du im letz­ten Ab­schnitt le­sen konn­test, hat Le­der ne­ga­ti­ve Aus­wir­kun­gen auf die Um­welt. Wenn du dich bei dei­nem nächs­ten Ein­kauf ach­ten möch­test kein ech­tes oder nur zer­ti­fi­zier­tes Le­der zu kau­fen, dann möch­ten wir dir da­bei hel­fen. Im die­sem Ab­schnitt siehst du, wie du Le­der Pro­duk­te er­ken­nen kannst. Be­vor wir ge­nau­er auf das Kenn­zei­chen ein­ge­hen, möch­ten wir kurz er­wäh­nen, dass das Le­der-Lo­go an sich oh­ne wei­ter­ge­hen­de Ele­men­te wie z.B. Schrift­zü­ge mar­ken­recht­lich nicht ge­schützt ist. Dies hat zur Fol­ge, dass das Le­der­sym­bol in un­se­riö­ser Wei­se ir­re­füh­rend ge­braucht wer­den kann. Dem Käu­fer kann ein Le­der­pro­dukt vor­ge­ge­ben wer­den, wel­ches kei­nes ist. Um si­cher zu sein, ob es sich um Echt­le­der han­delt, hilft der zu­sätz­li­che Schrift­zug ”Ech­tes Le­der” auf dem Symbol. 

Auf dem lin­ken Bild siehst du wie das Le­der ge­kenn­zeich­net wird. So­bald du auf ei­nem Pro­dukt die­ses Sym­bol siehst, ist das Pro­dukt teil­wei­se oder voll­stän­dig aus ech­tem Le­der. Auf der rech­ten Ab­bil­dung siehst du wie Schu­he ge­kenn­zeich­net wer­den müs­sen. Im Ge­setz der EU ist ver­an­kert, dass Hersteller:innen ver­pflich­tet sind, in Text­form oder als Pik­to­gramm, Schu­he gut les­bar zu kenn­zeich­nen. Wie du auf der rech­ten Ab­bil­dung siehst, müs­sen die drei Be­stand­tei­le Ober­ma­te­ri­al, Fut­ter und Deck­soh­le, so­wie die Un­ter­soh­le mit dem Ma­te­ri­al be­schrif­tet sein.

Ach­tung! Wenn ein Pro­dukt z.B. mit ‘ma­de in Ita­ly’ ge­kenn­zeich­net ist, heisst das nicht, dass das Le­der aus Ita­li­en stammt. Es heisst le­dig­lich, dass das End­pro­dukt in Ita­li­en wei­ter­ver­ar­bei­tet wur­de. Das Le­der kann aus Chi­na, In­di­en oder sonst wo herkommen.

IVN na­tur­zer­ti­fi­zier­tes Leder

Du möch­test nicht auf Le­der ver­zich­ten, ach­test dich je­doch bei dei­ner Pro­dukt­wahl auf die Um­welt? Dann könn­te das Na­tur­le­der dir da­bei hel­fen. Das Na­tur­le­der er­kennst du an fol­gen­dem Zeichen:

Leder Alternativen
Abb. 5: Na­tur­le­der Zertifizierung 

Bei die­sem Stan­dard, der ein­zi­ge in Eu­ro­pa, ste­hen die Ein­spa­rung von Res­sour­cen und der Um­welt- und Ge­sund­heits­schutz in der Pro­duk­ti­on wie auch wäh­rend des Ge­brauchs im Vor­der­grund. Da­bei müs­sen die Pro­duk­te und de­ren Her­stel­lung un­ter­schied­li­che Kri­te­ri­en ein­hal­ten. Die Um­welt­be­las­tung, ein­zel­ne Ge­fah­ren­stof­fe wie auch die Ent­sor­gung und die Re­cy­cling­fä­hig­keit der Wa­ren wer­den über­prüft und do­ku­men­tiert. Ein wei­te­res wich­ti­ges Kri­te­ri­um sind die Ge­sund­heits­aspek­te. Es soll Men­schen, die Le­der­pro­duk­te her­stel­len, bes­ser schüt­zen. Ent­schei­det sich ein Be­trieb für die Zer­ti­fi­zie­rung als Na­tur­le­der, müs­sen sie ei­ni­ge Grund­an­for­de­run­gen er­fül­len. Es müs­sen z.B. für al­le Ver­ar­bei­tungs­stu­fen ei­ne zwei­stu­fi­ge Klär­an­la­ge zur Ver­fü­gung ste­hen (mehr In­for­ma­tio­nen da­zu fin­dest du hier).

Hier siehst du ei­ni­ge Kri­te­ri­en, die Be­trie­be er­fül­len müs­sen, um ei­ne Zer­ti­fi­zie­rung be­an­tra­gen zu können:

  • Kon­ser­vie­rung und Rei­ni­gung: Vor der Ger­bung dür­fen die Häu­te nicht an­hand von che­mi­schen Kon­ser­vie­rungs­mit­teln kon­ser­viert und ge­rei­nigt (nur durch Küh­len und Sal­zen) wer­den. Sind Ten­si­de oder wasch­ak­ti­ve Sub­stan­zen im Ein­satz, müs­sen die­se bio­lo­gisch ab­bau­bar sein.
  • Ger­bung: Stark um­welt­be­las­ten­de Chrom­ger­bun­gen und Gerb­ver­fah­ren mit mi­ne­ra­li­schen und schwer­me­tall­hal­ti­ge Gerb­stof­fe sind ver­bo­ten. Bei Na­tur­le­der kom­men vor al­lem pflanz­li­che Gerb­ver­fah­ren zum Einsatz.
  • Fär­bung: Die Farb­stof­fe für das Le­der müs­sen schwer­me­tall­frei sein und der EU-Ver­ord­nung entsprechen.

Na­tur­zer­ti­fi­zier­tes Le­der — wie sieht es mit dem Tier­wohl aus? 

Ob­wohl die­ses zer­ti­fi­zier­te Le­der ein wich­ti­ges Zei­chen für die Um­welt und Men­schen­rech­te ist, kommt das Tier­wohl ein­deu­tig zu kurz. Auf dem of­fi­zi­el­len, 28-sei­ti­gen Do­ku­ment ist knapp ei­ne vier­tel Sei­te dem Roh­häu­ten ge­wid­met. Die ein­zi­gen Kri­te­ri­en, die ein­ge­hal­ten wer­den müs­sen, sind folgende:

  • Der Schlacht­ort (min­des­tens Län­der be­zo­gen) ist dokumentiert.
  • Die Tie­re wer­den pri­mär zur Fleisch oder Milch­ge­win­nung ge­hal­ten und ge­schlach­tet. Der Ein­satz von Tie­ren, die aus­schliess­lich für die Le­der- oder Fell­ge­win­nung ge­hal­ten oder ge­schlach­tet wer­den, ist nicht zugelassen.
  • Der Ar­ten­schutz ist zu be­ach­ten. Der Ein­satz von Roh­häu­ten von wild­le­ben­den Tier­ras­sen, wel­che als be­droh­te Spe­zi­es, in der ro­ten Lis­te der IUCN ge­lis­tet sind, ist verboten.

Vier wei­te­re Kri­te­ri­en sind als Emp­feh­lun­gen auf­ge­lis­tet, die un­glaub­lich wich­tig wä­ren, um ein Mi­ni­mum an Tier­wohl zu erreichen.

  • Der Trans­port der Tie­re zum Schlacht­hof über­steigt die Di­stanz von 400 km nicht.
  • Der Her­kunfts­ort der Tie­re ist dokumentiert.
  • An­ge­strebt wird die Nut­zung von Häu­ten, die nach­weis­lich aus kon­trol­liert öko­lo­gi­scher Tier­hal­tun­gen stammen.
  • Die Zer­stö­rung von na­tür­li­chen Le­bens­räu­men ist ab­zu­leh­nen. Die Be­schaf­fung von Roh­häu­ten aus Re­gio­nen, in de­nen die­ses Ri­si­ko nicht be­steht, ist zu bevorzugen.

Ve­ga­ne Alternativen

Du möch­test ger­ne Pro­duk­te kau­fen, die wie Le­der aus­se­hen, je­doch nicht aus Tier­haut be­stehen? Hier ha­ben wir ei­ni­ge Al­ter­na­ti­ven für dich herausgesucht: 

All die­se Ideen sind pflanz­lich und oft­mals um­welt­scho­nend. Das ve­ga­ne Le­der der Fir­ma So­ho­tree, wel­ches aus Äp­feln be­steht, ist ein schö­nes Bei­spiel da­für, wie ed­le Pro­duk­te auch nach­hal­tig und ve­gan her­ge­stellt wer­den kön­nen. Die da­für ver­wen­de­ten Ap­fel­scha­len kom­men als über­schüs­si­ges Ne­ben­pro­dukt aus der Le­bens­mit­tel­in­dus­trie im Süd­ti­rol (Nord­ita­li­en). Die Scha­le wird ge­trock­net und zu Pul­ver zer­klei­nert. In Flo­renz wird es von ei­nem Un­ter­neh­men zu App­le­Peel, ih­rer ve­ga­nen Le­der­al­ter­na­ti­ve, verarbeitet.

So­ho­tree ist nur ei­ne der un­zäh­li­gen Fir­men, die nach­hal­ti­ge und pflanz­li­che Le­der­al­ter­na­ti­ven an­bie­ten. Gibst du im In­ter­net Le­der Al­ter­na­ti­ven ein, fin­dest du zahl­rei­che Al­ter­na­ti­ven. Be­sitzt du be­reits Pro­duk­te aus pflanz­li­chen Ma­te­ria­li­en? Wo hast du sie ge­kauft? Hin­ter­las­se uns ger­ne ei­nen Kom­men­tar mit dei­ner Meinung.

Quel­len­ver­zeich­nis

Ye­ong-Hye­on Choi & Kyu-Hye Lee. (2021). Ethi­cal Con­su­mers’ Awa­re­ness of Ve­gan Ma­te­ri­als: Fo­cu­sed on Fake Fur and Fake Leather.

In­ter­na­tio­na­ler Ver­band der Na­tur­tex­til­wirt­schaft. NA­TUR­LE­DER IVN verifiziert.

Dr. S. Ra­ja­ma­ni. Via­ble en­vi­ron­men­tal tech­no­lo­gies in­te­gra­ted wi­th clea­ner pro­duc­tion sus­tainable op­ti­ons for glo­bal Lea­ther sector.

Ab­bil­dungs­ver­zeich­nis

Abb. 1: Deutsch­land­funk­no­va. Le­der — Un­fai­re Bedingungen.

Abb. 2: Kwer­feld­ein. Hei­li­ges Leder.

Abb. 3–4: LEDER-INFO.de. Kenn­zeich­nung von Leder.

Abb. 5: In­ter­na­tio­na­ler Ver­band der Na­tur­tex­til­wirt­schaft e.V. Na­tur­le­der IVN zertifiziert

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